Cloppenburg-Stapelfeld (LCV) Ernstes auf heitere Weise hat Malte Mienert, Berliner Psychologie-Professor, seinen 120 Zuhörern beim siebten Fachtag für Mitarbeitende aus heilpädagogische Kindergärten und Integrationsgruppen geboten. So kritisierte er das häufig persönliche, gar freundschaftliche Verhältnis von Mitarbeitenden in Kindertagesstätten.
Wer neben der Arbeit auch seine Freizeit miteinander verbringe, könne keine Distanz mehr zueinander haben. Dem falle es schwerer, "sich fachlich zu streiten, ohne persönlich zu werden", sagte er in der Katholischen Akademie Stapelfeld beim siebten niedersächischen Fachtag für Mitarbeitende aus heilpädagogischen Kindergärten und Integrationsgruppen. Veranstalter war die Arbeitsgemeinschaft der Caritas-Einrichtungen der Behindertenhilfe.
"Und dann muss es auch noch glücklich sein"
Grundsätzlich stünden Erzieherinnen unter einem großen inneren Druck. Es ginge um ein "ständiges Arbeiten auf den Soll-Zustand hin", kritisierte der Entwicklungspsychologe im Rahmen der Veranstaltung mit dem Titel "Fortschritt statt Gleichschritt".
Auch die Kinder stünden unter einem zunehmenden Druck. "Das Kind muss seinen Namen schreiben, bis 20 zählen und glücklich soll es auch noch sein", provozierte der 42-Jährige. "Warum nicht auch noch Chinesisch lernen?" fragte er. Schließlich werde diese Sprache künftig immer wichtiger.
"Zeit mit Kindern genießen"
Sein Ziel bei seinen dienstlichen Besuchen in Einrichtungen sei es, Entspannung zu verbreiten. Sein Rat an die pädagogisch Tätigen: "Die Zeit mit den Kindern genießen."
Weiter solle sich das Fachpersonal weniger um die 20 Prozent der lauten und auffälligen Kinder kümmern. Diese würden ihren Weg schon gehen, "denn Schlingel werden Bosse", so Mienert. "Die stillen sind vielmehr die Problemkinder."
Das Jahr 2100 ist die magische Zahl
2100 sei die magische Zahl für die Erzieherinnen. Dieses Jahr könnten alle die erreichen, die heute Kleinkinder sind. Pädagogisches Ziel müsse sein, das zu vermitteln, was den heutigen Kindern auf dem Weg bis hin zu ihrem Alter im Jahre 2010 dient.
In einem pädagogischen Desaster seien die Kinder der 90er Jahre aufgewachsen, fuhr der Referent fort. "Alles war im Umbruch." Nach der Zeugnis-Note "Mittelmaß" vergeben durch die Pisa-Studie seien die Kinder in dieser Zeit völlig verunsicherten Eltern und Erziehern begegnet.
Workshops und Gottesdienst
Unter dem Titel "Manchmal könnt‘ ich nur noch schreien" gab der Behindertenpädagoge und Traumatherapeut Martin Kühn Tipps zum Umgang mit eigenen Grenzen. Workshops zu Themen wie ‚Fallbesprechung‘, ‚Stimmungsmanagement bei Stress und Ärger‘ oder ‚Kollegiale Beratung sowie ein Wortgottesdienst rundeten die zweitägige Veranstaltung ab.
Dietmar Kattinger, 01.12.2017