Vechta / Niedersachsen (LCV) Wörter können diskriminieren, abwerten und damit das Leben prägen. Darauf hat die Sprachexpertin Petra Wagner (Berlin) am Donnerstag, 19. November, im Rahmen einer Fortbildung in digitaler Form hingewiesen.
Von 15.000 gefilmten Szenen mit Kindern sei ein Viertel leicht, sechs Prozent stark verletzend gewesen, so die Referentin. Sätze eines Lehrers wie "Du schaffst nur den Hauptschulabschluss. Deine Leute sind nur Handwerker", würden Kinder mutlos machen. Wagner: "Worte, die weh tun, wirken noch lange nach."
Wenn ein türkisches Kind im Kindergarten auf die Frage nach dem Namen seines neuen Geschwisterkindes verschämt antworte: "Ist aber türkisch!", dann sei die Atmosphäre der Kita schlecht.
Sprache könne Überlegenheit und Unterlegenheit zementieren. Nicht nur das betroffene Kind, sondern auch alle umstehenden würden durch Sätze wie "Mädchen sind keine Bestimmer" lernen, dass Jungs mehr zu sagen hätten. Wagners Rat: "Ja zur Unterschiedlichkeit, nein zur Ausgrenzung".
Gerade Kinder aus armen oder Einelternfamilien, die Söhne und Töchter von psychisch kranken Eltern, solche mit unklarer Geschlechtsidentität oder anderer Hautfarbe bräuchten eine höhere Aufmerksamkeit als andere.Wagner: "Kinder haben nicht die gleichen Chancen."
Die Diplom-Pädagogin und Direktorin des ‚Instituts für den Situationsansatz‘ macht sich daher stark für eine inklusive Sprache, die niemanden abwertet oder ausgrenzt. Sprache könne zwar nicht die Realität einer armen Familie verändern, aber sie solle der Benachteiligung "nicht noch eins draufsetzen". Bei Abwertungen oder Ausgrenzungen empfahl sie, einzugreifen.
Generell riet sie, jungen Menschen eine reichhaltige Sprachkost zu servieren. "Kinder mit vielen Erfahrungen haben große Vorteile in der Denk- und Sprachentwicklung."
Teilgenommen haben rund 200 pädagogische Fachkräfte aus ganz Deutschland und Südtirol. Veranstalter waren die Landkreise Cloppenburg und Vechta, das katholische Bildungswerk, das Niedersächsische Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung sowie der Landes-Caritasverband für Oldenburg (LCV). Die Fortbildung war der Abschluss einer Jahresreihe mit dem Titel "Sprache. Dialog. Zukunft". Weitere Infos: LCV, Kerstin Roter, Tel. 04441/8707-0.
Pressemitteilung
Ein Lehrer-Satz kann das Leben prägen
Erschienen am:
20.11.2020
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