Vechta.
Er
verschlägt einem die Sprache, lässt dankbar sein, für das, was man hat: Der
Film „Feedback. Der sensible Umgang mit der Diagnose ‚Behinderung’“. Am
Mittwoch, 26. Mai, ist er im Vechtaer Kreishaus erstmals gezeigt worden. Mütter
des Lohner Elternkreises „Next Generation“ schildern darin, wie es ihnen
ergangen ist, als sie von der Behinderung ihres Kindes erfahren haben.
„’Sie
haben ein Kind mit Trisomie 21’, hat mir ein Arzt damals gesagt. Mir allein“,
erinnert sich eine Mittdreißigerin. Und, als hätte es sich in ihr Gehirn
eingebrannt, wiederholt sie: „Niemand war da“.
„Ich
wollte sie dann nicht auf den Arm nehmen“, beschreibt die Mutter in dem
45-minütigen Beitrag das Verhältnis zu ihrer neugeborenen Tochter. „Geb’ ich
die weg? Schmeiß ich sie runter?“ sei ihr durch den Kopf geschossen. „Das
Schlimmste ist, dass ich dieses erste Gespräch niemals vergessen werde“, ist
eine andere junge Frau überzeugt.
Auch
eine weitere junge Mama habe ihr Kind am Anfang nicht annehmen können. „Vier
Jahre hat es gedauert“, sagt sie fast unter Tränen. Und sie ist nicht die
einzige, die in dem Streifen weint.
Zum
Ablehnen der Neugeborenen hätten Sätze von Ärzten beigetragen wie „Machen Sie
sich keine Sorgen: Ihr Kind lebt sowieso nicht lange“ oder: „Diese Operation
würde ich auf keinen Fall durchführen lassen. Das lohnt sich nicht.“
Und
trotzdem will „Feedback!“ nicht anklagen, sondern aufklären, sagen die
Initiatorinnen von „Next Generation“ aus Lohne (Landkreis Vechta). „Er will
denen helfen, die heute noch nicht auf der Welt sind, und deren Eltern“,
formuliert eine betroffene Mutter zu Beginn vor den 200 Zuschauern.
Die
Wünsche der Eltern: Dass solche Gespräche immer nur mit Mutter und Vater geführt
werden. Dass Ärzte sich darauf vorbereiten. Dass sie auch einmal etwas
Positives über die Kinder mit Behinderung sagen.
Wünsche,
die Dr. Oliver Schirrmacher, Chefarzt der Kinderklinik im Marienhospital
Vechta, verstehen kann. Wie wichtig etwa die Atmosphäre eines solchen
Aufklärungsgespräches ist. „Feedback“, das Werk des Vechtaer Filmemachers
Christoph Tetzner-Kannen, macht deutlich, dass auch Mediziner und Hebammen um
das richtige Verhalten ringen. Fast bekommt der Zuschauer Mitleid mit den Funktionsträgern
in Weiß. Auf alle Fälle versteht er sie.
Sollten
solche Gespräche schlecht verlaufen sein, rät Schirrmacher den Eltern, den
Kontakt mit der betreffenden Klinik noch einmal zu suchen. „Ärzte sind ja auch
nur Menschen“, bittet er um Verständnis für sich und seine Kollegen. Von den
Next-Generation-Müttern bekommt er als Dank und Anerkennung einen Blumenstrauß.
Zur
südoldenburgischen Selbsthilfegruppe gehören 15 Familien mit nicht-behinderten
und behinderten Kindern im Alter von null bis 12 Jahren. Die Art der Handicaps
reicht von Entwicklungsverzögerung über Syndromerkrankungen bis hin zu
schwerstmehrfach behinderten Jungen und Mädchen. Die Gruppe trifft sich einmal
monatlich und wird dabei von Schülerinnen und Schülern einer Realschule in Lohne
unterstützt.
Ein
Film, der auch den Beauftragten der Bundesregierung Deutschland für die Belange
behinderter Menschen, Hubert Hüppe, berührt. Er kenne bundesweit nichts
Vergleichbares.
Dietmar
Kattinger
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel. 04441/8707-640