Vechta / Oldenburger Land. Sich nicht als Opfer fühlen: Dazu hat am Donnerstag, 11. Februar, der Münsterschwarzacher Benediktinerpater Dr. Anselm Grün rund 70 Mitarbeitende aus oldenburgischen Caritas-Einrichtungen und Diensten aufgerufen.
Entscheidend sei gerade in dieser Krisenzeit, mit sich im Einklang zu leben, sagte er im Rahmen seines digitalen Vortrags zum Thema "Gut leben und arbeiten in Zeiten von Corona". Auch in dieser besonderen Situation sei niemand verantwortlich für seine Emotionen. Wohl aber dafür, wie er oder sie damit umginge.
Gereiztheit in einer engen Wohnung könne man beispielsweise durch eine Stunde Schweigezeit innerhalb der Familie begegnen. Für Kinder und Erwachsene sei ein gutes Verhältnis von Nähe und Distanz wertvoll, empfahl der weltweit gefragte Theologe auf Einladung des Landes-Caritasverbandes für Oldenburg.
Neben wichtigen inneren Haltungen in der Corona-Krise gebe es auch wertvolle äußere Dinge: "Ein formloses Leben ist nicht gut. Da verlieren wir Kraft", so der Geistliche. Es gelte, Abläufe zu entwickeln: "Wer im Rhythmus arbeitet, arbeitet besser."
Gerade im Home Office könnten Rituale helfen: Hilfreich sei, eine klare Zeit zum Arbeiten zu haben. Diese dann aber auch abzuschließen, um bei Tisch ganz für Frau und Kinder da zu sein.
Wer morgens seine Arbeit mürrisch beginne, dem könne helfen, seine Kollegen im Vorfeld zu segnen. Ein Rat den Grün auch Führungskräften aus der Wirtschaft ans Herz legt. "Die Einstellung ändert sich dann." Grundsätzlich gelte, dass Unternehmen, in denen es Rituale gebe, leistungsstärker seien. Letztere schaffen eine Identität im Sinne von "Wir haben etwas gemeinsam", so der Referent.
Arbeit mache dann Spaß und "fließe", wenn ich mich selbst hingebe, sagte der frühere Verwalter der unterfränkischen Abtei mit rund 300 Mitarbeitenden. "Dann bin ich nicht verausgabt." Dann sei das berufliche Tun nicht nur Last und Pflichterfüllung. Viele sähen sich in ihrem Arbeitsumfeld nur als Opfer. "Das tut uns nicht gut." Vorhandene Spiel- und Freiräume sollten im Berufsleben vielmehr genutzt werden.
Im Blick auf zukünftige Veränderungen bezeichnete Grün es als "völligen Blödsinn", sich innerhalb von sieben Tagen vollständig zu wandeln, wie es ein Buchtitel verspreche.
"Vielmehr gilt es, immer mehr ich selbst zu werden". Verwandeln bedeute zunächst, zu würdigen, was bisher war. Klar sei andererseits sowohl im persönlichen als auch im wirtschaftlichen Bereich, "dass erstarrt, wer stehen bleibt".
Die Corona-Krise könne die Menschen möglicherweise zu einem einfacheren Lebensstil führen. Die Zukunft müsse dabei jedoch nicht aus Askese bestehen. "Wer aber genießen kann, braucht weniger", sagte Grün beispielsweise im Blick auf die Wahl zwischen einer Fernreise und einem Spaziergang.
Pressemitteilung
Anselm Grün: „Sich nicht als Opfer fühlen“
Erschienen am:
12.02.2021
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