Mutter einer Tochter mit Hörschaden wünscht sich Selbsthilfegruppe
Landkreis Vechta(LCV) Sie lebt in Südoldenburg, ist in der Pubertät, aufgeweckt, schulisch im Prinzip gut: Wenn da nicht ihr Hörschaden wäre. Gerne würde sie - nennen wir sie Maria - andere Jugendliche kennen lernen. Mädchen und Jungs, denen es genauso geht wie ihr.
Rufe von Mama nach oben ins Kinderzimmer: keine Reaktion. Die Bitte, den Fernseher auszuschalten: wieder keine Reaktion. Beim Autofahren rutscht Maria mit samt Gurt oft weit nach vorne, um Mama und Papa zu verstehen. Dreht das gesunde Ohr in Richtung des Sprechenden.
Richtig gemerkt hat Maria es nach einem Besuch im Freizeitpark. Nach einer Fahrt in der Achterbahn kann sie ihren Bruder nicht mehr verstehen.
Als zu Hause am Küchentisch irgendwann jemand über’s Hören klagt, gesteht sie: "Ich höre auch nichts." Nach einigen Tests beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt wird klar, dass das Mädchen ein Hörgerät braucht.
Dass damit ‚schwupp‘ alle Probleme gelöst wären, hofft ihre Mutter. Weit gefehlt. Für das schwache Ohr - durch die Hörhilfe zwar von 20 auf 90 Prozent Leistung erhöht - bleibt ein Horror wie der Stoppelmarkt. Dort, wo alles laut ist. Der Lärm von überall her auf das Kind eindringt.
Auch beim Diktat, wenn einzelne Wörter nicht zu hören sind und wenn zum vierten Mal nachzufragen peinlich wird. "Bist Du doof: Hörst Du das nicht!?" kommt da schon mal als Reaktion von Mitschülern. Oder die Ermahnung der Lehrerin, nicht mit der Nachbarin zu schwätzen.
Ein Leben, das brutal anstrengt, schildet Bettina Rühlmann von der Kontakt- und Beratungsstelle Selbsthilfe der Caritas in Vechta. Verbrauche ein normal Hörender am Tag 50 bis 80 Prozent seiner Energie, komme der Hörgeschädigte auf 120 Prozent, so Rühlmann. Für Hobbys stehe ihnen kaum mehr Kraft zur Verfügung.
So auch für Maria: Mit Hörgerät ist es für sie im Kino zu laut. Ohne zu leise. Das Silvester-Böllern alles andere als eine Freude für das junge Mädchen. Auch Treffen mit Freundinnen sind ihr manchmal zu anstrengend. Mehr Respekt und Verständnis wünscht sich Maria für ihren Mangel, für den sie nichts kann.
Austausch mit anderen Jugendlichen sucht sie daher in einer Selbsthilfegruppe, die ihre Mama neu gründen möchte.
"Wie geht es für mein Kind weiter in der Schule? Wird meine Tochter das schaffen? Welche Fördermöglichkeiten gibt es?" sind Fragen, die sie sich stellt. Die einen Austausch darüber sucht wie vermutlich die Eltern vieler anderer hörgeschädigter Kinder.
Das Gründungstreffen - zunächst nur für die Eltern hörgeschädigter Kinder - wird am 18. März um 18 Uhr 30 im Haus der Caritas in Vechta stattfinden (Neuer Markt 30).
Eine bereits bestehende Selbsthilfegruppe für Erwachsene ("Gesprächsrunde für Menschen mit Hörproblemen") trifft sich außerdem jeden zweiten Samstag im Monat von 15 bis 16 Uhr 30 im Pfarrheim St. Georg in Vechta.
Weitere Infos bei der Kontakt- und Beratungsstelle Selbsthilfe im Landkreis Vechta, Bettina Rühlmann ruehlmann@lcv-oldenburg.de oder unter 04441/8707-0
Für einen Kasten:
Häufigkeit und Verlauf
Etwa 1 bis 3 von 1000 neugeborenen Kindern haben eine mäßige oder stärkere, beidseitige bleibende Hörstörung. Bei noch einmal so vielen Kindern entwickelt sie sich in den folgenden Jahren. In Deutschland leben schätzungsweise 80.000 Kinder mit stark eingeschränktem Gehör. Weltweit gibt es etwa 32 Millionen Kinder mit Hörproblemen.
Quelle: www.Gesundheitsinformation.de
Pressemitteilung
„Bist Du doof? Hörst Du das nicht“
Erschienen am:
23.02.2024
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