Cloppenburg / Oldenburg / Vechta (LCV) "Es gibt nichts, was es nicht gibt", sagt die ehemalige Mitarbeiterin eines Jugendamtes. Und schweigt einen Moment. "Auch hier im Oldenburger Land. Auch in Südoldenburg." Mehr sagt sie nicht.
Dabei müssen es nicht immer die Bilder und Ereignisse sein, die dem Zuhörer sofort in den Kopf kommen. Manchmal ist es die völlig verständliche Überlastung einer alleinerziehenden Frau, die durch die Geburt ihres zweiten Kindes komplett überfordert ist. Deren Wohnung im Chaos versinkt. Die nie gelernt hat, zu kochen oder ein Baby zu versorgen.
Jenseits einer guten medizinischen Versorgung in Kliniken weitere Hilfe anzubieten, ist dem Hamburger Chefarzt Sönke Siefert ein Herzensanliegen. 2007 hat er daher in Hamburg das ‚Projekt Babylotse‘ ins Leben gerufen.
Eine weiterentwickelte Form der Initiative, nämlich "Babylotse ambulant" in Frauenarztpraxen, werden als Pilotprojekt ab sofort die Ortsvereine des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Cloppenburg, Oldenburg und Vechta umsetzen, berichtet die oldenburgische Caritas-Referentin Rita Schute (Vechta).
Seit fast zehn Jahren ermitteln ‚Babylotsen‘ beispielsweise im Hamburger Marienkrankenhaus nach einer Geburt per Fragebogen, ob die frisch gebackene Mutter psychische oder massive finanzielle Nöte hat. Wenn ja, vermitteln sie diese dann in das bestehende Netz der sogenannten "Frühen Hilfen".
Gefördert unter anderem durch die ‚Glückspirale‘ sowie die Quakenbrücker Welker-Stiftung wird in Cloppenburg, Oldenburg und Vechta ab sofort nach einer Erprobungsphase in Hamburg die ambulante Variante umgesetzt, berichtet Schute:
Mit je einer halben Stelle versuchen die drei ‚Babylotsinnen‘ der drei SkF-Ortsvereine jeweils Kooperationen mit fünf bis sieben Frauenarztpraxen in ihrem Umfeld einzugehen. Die dortigen Arzthelferinnen werden wiederum gebeten, allen Schwangeren einen Fragebogen auszuhändigen. Über den soll bereits vor der Geburt seelische oder finanzielle Not erfasst werden soll, beschreibt Schute.
"Damit soll und kann die Lücke zwischen Gesundheitssystem und Sozialarbeit möglichst frühzeitig geschlossen werden", ist die Mitarbeiterin des Landes-Caritasverbandes überzeugt. Dass dies nötig ist, hat Chefarzt Siefert erfahren: Fünf Prozent aller von ihm per Abfrage erfassten Familien "haben einen sehr hohen Bedarf an Unterstützung".
Die speziell geschulten Lotsinnen erführen auf dem Weg des Fragebogens, was die jeweilige Mutter brauche, "bis das Leben gelingt", heißt es in einem Babylotsen-Flyer. Die Mitarbeiterinnen würden beispielsweise auch hinterher beim Kinderarzt telefonisch erfragen, ob die vermittelte Frau auch wirklich bei der empfohlenen Stelle angekommen sei.
Frauenärzte, die Interesse haben bei "Babylotse ambulant" im Oldenburger Land mitzumachen, können sich melden beim Landes-Caritasverband, Rita Schute, Tel. 04441/8707-0.
Text: dkt, 09.09.2016
Pressemitteilung
Damit kein Kind in den Brunnen fällt
Erschienen am:
16.09.2016
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