Vechta / Oldenburger Land (LCV) Vor einem rein formalen Beharren auf dem sogenannten ‚Dritten Weg‘ der Kirche hat der frühere Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maiziere, am Mittwoch, 2. Juni, beim traditionellen "Abend der Caritas" gewarnt. Das Selbstbestimmungsrecht der Glaubensgemeinschaften gerate durch die Säkularisierung der Gesellschaft sowie die Gerichte zunehmend in die Kritik, sagte er im Rahmen der digitalen Veranstaltung des Landes-Caritasverbandes für Oldenburg vor rund 80 Gästen.
De Maizières These: "Je pragmatischer sie damit umgehen, umso länger wird der Dritte Weg bestehen." Berufung auf rechtlich gesicherte Sonderrollen führe "reputationsmäßig eher ins Abseits", so der Jurist, der als engagierter Protestant unter anderem dem Präsidium des evangelischen Kirchentages angehörte.
"Nur, wenn sie spezifisch besser sind als andere, dann wird der Dritte Weg überleben", mahnte der Redner. Wenn die Begleitung im Hospizdienst beispielsweise "besonders gut" sei. "Und nicht, wenn Sie sagen, wir haben aber ein Recht darauf."
Die Frage "Was ist unsere besondere Qualität?" werde die einzige Zukunftssicherung sein, die Caritas und Diakonie haben. "Niemand wird in ein Christliches Krankenhaus gehen, wenn da gut gebetet, aber schlecht gepflegt wird", sagte er im Rahmen seines Vortrags zum Thema "Warum noch Caritas - Was bleibt vom Auftrag angesichts des heutigen Sozialstaats?" Sein Rezept für die Zukunft, welches "leicht gesagt und schwer getan" sei: "Gottvertrauen und richtig gute Arbeit."
Beim Thema "Sterbehilfe" sei ihm die Kirche zu leise, so Jurist. Dass die Katholische und Evangelische Kirche bei einer so fundamentalen Frage nicht einer Meinung sei, werde ihren Einfluss "massiv schwächen".
Auch beim Thema ‚Corona‘ hätte sich de Maiziere eine lautere Stimme der Kirche gewünscht. Er habe ein Wort vermisst, das weiterführt, klärt und tröstet, dort wo Corona beispielsweise als Strafe Gottes bezeichnet wurde. Gleichwohl habe die Kirche in ihrer Diakonie und Caritas Großartiges geleistet.
Ein funktionierendes soziales Netz, das auskömmlich finanziert ist, forderte Caritasdirektor Dr. Gerhard Tepe in seiner Begrüßung. Ausdrücklich dankte er allen Bereichen der sozialen Arbeit für ihren Dienst während der Pandemie. Tepe: "Vielleicht gilt es, danach nicht nur die schrecklichen Dinge aufzuarbeiten, sondern ebenso die Positiven." Natürlich müsse "produziert, transportiert und experimentiert" werden, so der Caritasdirektor. "Aber ohne die Hand in meiner letzten Lebensstunde ist alles nichts." Das oft belächelte Lächeln sei "lebensrelevant".
An der Veranstaltung teilgenommen haben hochrangige Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Kirche. Darunter Minister Björn Thümler sowie Weihbischof Wilfried Theising.
Foto: Laurence Chaperon
Pressemitteilung
De Maizière: „Gottvertrauen und richtig gute Arbeit.“
Erschienen am:
03.06.2021
Beschreibung