Katholische Beratungsstellen bewilligen 589 Kuren - Anträge auch für Väter und pflegende Angehörige möglich - Größte Gefahr für Frauen: Anspruch, perfekt sein zu wollen - Klarer Wunsch zum Muttertag
Löningen / Oldenburger Land (LCV) Manchmal sieht sie selbst nicht, was sie alles leistet: Claudia Claus aus dem Landkreis Cloppenburg. Drei Kinder zwischen 17 und 22, die zu Hause leben; Tiere, die versorgt werden müssen; ein kleines Gewerbe auf dem Grundstück und: eine halbe Stelle als Fachrankenschwester für Anästhesie.
Letzteres eine Aufgabe, die seit Corona mehr in die Knochen geht als zuvor, schildert die 53-Jährige. Verlängerte Aufwachphasen bei Schwerstkranken seien beispielsweise hinzugekommen. Den Satz "Mal eben noch" höre sie nicht einmal am Tage, sondern viele Male.
Schneller gereizt sei sie irgendwann gewesen. Schneller auf 180, sagt sie, die liebevoll von "meinen" Patienten spricht, denen sie im Aufwachraum allen gerecht werden will.
Für Kurberaterin Birgit Hemme ein typisches Beispiel. Die Kernfalle vieler Frauen in Anbetracht von derzeitigem Home Office und Home Schooling der Kinder: Der Anspruch, perfekt sein zu wollen. Will heißen: "Frauen schielen nach rechts und links, sehen die Nachbarin und Freundin, die das doch auch alles schafft", erlebt die Caritasmitarbeiterin. Abwechselnd arbeitet Hemme in Löningen und Cloppenburg. Dabei gebe es diese ‚Superwoman‘ überhaupt nicht. "Das ist ein Trugbild", ist die Kurberaterin überzeugt. Viele Frauen sehnten sich vielmehr danach, diese ihre pseudo-starke Maske abzulegen.
Das merke Hemme alleine schon daran, dass sie in der Beratung immer ihre ‚Taschentuchbox‘ brauche. Die Bronchitis des Sohnes sei es und die Neurodermitis der Tochter, mit der ihre Klientinnen zu Tür hereinkämen. Erst im Laufe eines Gespräches werde den ratsuchenden Frauen klar, wie schlecht es ihnen selbst ginge.
Sich einzugestehen, dass man - warum auch immer - am Ende sei, sei dabei der erste und wichtigste Schritt. Der Gedanke an eine Kur, von der sich viele im Moment nicht trauen, sie zu beantragen und den nicht wenige Hausärzte kommentieren mit "Die wird ihnen sowieso nicht genehmigt", eine Kur sei keine Zauberei, aber ein "Auf den Weg bringen".
Wichtig sei, dass es bei all dem um Vorbeugung gehe, betont Kurberaterin Annika Riedmann aus Vechta. Den Rucksack der Frauen, der immer mehr gefüllt wurde, auch mal aus zu leeren und gleichzeitig Ballast loszuwerden. Riedmann: "Damit sich aus Niedergeschlagenheit und Erschöpfung nicht eine ausgewachsene Depression entwickelt."
Kuren, die auch Väter und pflegende Angehörige beantragen können. Und selbstverständlich auch Mütter mit Kindern. Und das auch jetzt in Corona-Zeiten.
Helfen während eines Aufenthaltes würden Dinge, die für viele völlig banal klingen: "Sich mal an einen gedeckten Tisch setzen. Nicht überlegen müssen: ‚Was koche ich morgen?‘" blickt Claudia Claus auf ihre drei Sauerland-Wochen im letzten Dezember zurück. Glücklich habe sie gemacht, dass das Jammern und Klagen der anderen 15 Frauen nach der zweiten Woche "wie mit einem Schalter umgelegt" worden wäre. "Dann haben wir nur noch gelacht."
Mit zurück genommen habe sie Impulse für den Alltag wie die Abkürzung "A-L-I", sagt die Südoldenburgerin: in schwierigen Situationen "Atmen, Lächeln und Innehalten". Mit genommen habe sie auch WhatsApp-Kontakte zu den Frauen, die mit ihr in der Auszeit waren.
Was sie sich und anderen Frauen zum Muttertag wünscht? Eines sei klar: "Der Blumenstrauß alleine tut es nicht. Dazu müsse kommen, "auch mal im Mittelpunkt zu stehen und geschätzt zu werden." Und das nicht nur einmal im Jahr.
Weitere Infos: Sigrid Möller, Referentin für Kur- und Erholung, Landes-Caritasverband für Oldenburg, Tel. 04441/8707-0.
Weitere Infos:
Statistik
2019 wurden 589 Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen für Mütter, Väter und pflegende Angehörige bewilligt mit insgesamt 970 Kindern.
Beratungsstellen im Oldenburger Land:
Caritasverband im Kreis Wesermarsch e.V.
Ulmenstraße 1
26919 Brake
Birgit Hasselder
Tel.: 04401 9766-12 und -18
Caritasverband für Delmenhorst
Louisenstraße 27
27749 Delmenhorst
Silvia Tschöpe
Tel.: 04221 9834917
Caritas-Sozialwerk St. Elisabeth Friesoythe
Barßeler Straße 24
26169 Friesoythe
Erna Schulte- Weßels
Tel.: 04491 788720
Caritas-Sozialwerk St. Elisabeth Lohne
Von Stauffenbergstraße 14
49393 Lohne
Sabine Wehry
Tel.: 04442 9341652
Caritas-Sozialwerk St. Elisabeth Löningen
Kirchplatz 6
49624 Löningen
Birgit Hemme
Tel.: 05432 803733
Caritas-Sozialwerk St. Elisabeth Cloppenburg
Kirchhofstr. 11
49661 Cloppenburg
Birgit Hemme
Tel.: 04471 9130576
Caritasverband Oldenburg - Ammerland e. V.
Peterstraße 22-26
26121 Oldenburg
Adelgunde Schute
Tel.: 0441 9254513
Landes-Caritasverband für Oldenburg e. V.
Neuer Markt 30
49377 Vechta
Annika Riedmann
Tel.: 04441 8707650
Caritasverband für das Dekanat Wilhelmshaven
Schellingstr. 11c
26384 Wilhelmshaven
Anna Mulac´
Tel.: 04421 952240
Pressemitteilung
„Der Blumenstrauß alleine tut es nicht.“
Erschienen am:
05.05.2021
Beschreibung