Lohne / Landkreis Vechta (LCV) Manchmal geht es nur um einen Tipp wie den mit dem roten Becher. Den sieht die demente Schwiegermutter nämlich besser als den durchsichtigen. Und das soll sie anregen, mehr zu trinken.
Es mögen kleine Dinge sein oder große Dinge: Etwas nehmen die fünf Frauen jedes Mal mit von der ‚Selbsthilfegruppe Demenz‘. Seit Juni letzten Jahres trifft sie sich einmal im Monat. In Lohne. Im Ludgerus-Werk. Immer am 3. Donnerstag eines Monats von 14 bis 15.30 Uhr.
Jetzt laden sie weitere interessierte Männer oder Frauen ein. Söhne oder Töchter von dementen Eltern. Oder Partner von Menschen, die unter zunehmender Vergesslichkeit leiden.
Die Frauen sind zwischen 50 und 60. Wollen nicht fotografiert werden. Nicht, weil Ihnen das Thema peinlich wäre, sondern um ihre Angehörigen nicht bloß zu stellen. Oder die Geschwister. Aber offen sprechen sie.
Eben über die Mutter, die dement ist, die Schwiegermutter oder den Ehemann, dessen Sprache immer schlechter wird und der sich immer mehr zurückzieht. Den seine Frau aber noch nicht in eine Tagespflege geben möchte, weil er dafür noch zu fit ist.
Alle verbindet, dass ihre Angehörigen an einer Krankheit leiden, "deren Weg nach unten führt. Langsam, aber sicher", erleben die Angehörigen uni sono. Ein Leiden, bei dem eben nicht wie bei einem gebrochenen Bein nach vier Wochen eine Besserung eintritt.
Was sie an ihrer Selbsthilfegruppe schätzen, ist das Gefühl, verstanden zu werden. Sich dort Dinge von der Seele reden zu können. Freunde oder Verwandte würden zwar auch fragen, wie es denn gehe. Aber nach wenigen Minuten sei das Interesse verflogen.
Viel mehr aber schmerzen Sätze in der Seele - selbst von Angehörigen - wie: "Deine Mutter ist doch noch gut drauf!?" Im Sinne von "Was hast Du denn!?" Äußerlich und für den Moment mag das sogar stimmen, nicht aber auf Dauer.
Das wissen alle diejenigen, die demente Angehörige sieben Tage die Woche betreuen. Und das 24 Stunden am Tag. Anstrengend sei beispielsweise das ständige Wiederholen. "Dinge sind wie weg. Es ist immer wieder das gleiche Spiel: Man fängt immer wieder bei Null an zu erklären", erleben die Angehörigen. Ob das der Wochentag sei, den man heute habe, oder die Fahrt in die Tagespflege, die am nächsten Morgen anstehe, oder die Uhrzeit.
Den Ehemann, den Partner immer mehr zu verlieren, sei dabei noch einmal etwas Besonderes. "Manchmal wünsche ich mir einfach nur meinen Mann von früher wieder zurück", sagte seine Ehefrau.
Neben den praktischen Tipps wie dem, welche finanziellen Mittel Angehörigen bei Inkontinenz zustehen, werde aber auch viel gelacht oder sich gegenseitig geholfen: "Die machen nichts falsch", tröstet ein Gruppenmitglied beispielsweise ein anderes. Auch dann nicht, wenn der Vater die Bratwürste, statt sie in der Pfanne zu braten, nur im Wasser heiß macht.
Weitere Infos: Kontakt- und Beratungsstelle Selbsthilfe, Madleen Seelhoff, Tel: 04441/8707-0. E-Mail: Seelhoff@lcv-oldenburg.de
Hinweis:
Noch bis zum 7. Mai 2022 findet derzeit die bundesweite "Woche für das Leben" statt unter dem Motto "Mittendrin. Leben mit Demenz". Die erste Woche für das Leben fand 1991 statt. Seit 1994 wird die Woche für das Leben von der Deutschen Bischofskonferenz gemeinsam mit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland durchgeführt.
Weitere Infos: www.woche-fuer-das-leben.de