Vechta (LCV) Schlaglichter auf die derzeitige Flüchtlingssituation hat am Freitag, 09.10.2015, der Leiter der UNO-Flüchtlingshilfe für Norddeutschland, Professor Dr. Reinhold Friedl (Cuxhaven), geworfen.
Seinen Worten zufolge habe die derzeitige Bewegung bereits 2011 mit dem Ausbruch des Syrienkrieges begonnen. So seien derzeit 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Die Hälfte von Ihnen seien 18 oder jünger. 86 Prozent aller Flüchtlinge befänden sich in Entwicklungsländern.
"Das ist ein Paradigmenwechsel, der alles Vorherige in den Schatten stellt", sagte der Hochschullehrer im Rahmen eines Caritas-Fachtages im Vechtaer Antoniushaus. "Die Stabilität der Welt bricht auseinander. Wir haben unklare Kräfteverhältnisse."
15 neue Konflikte seien in den letzten fünf Jahren ausgebrochen. Friedl: "Nur wenige dieser Krisen konnten beigelegt werden." Im Blick auf die hohe Zahl der Flüchtlinge nannte er drei Möglichkeiten. Erstens die "Repatriierung", die Rückführung in das Heimatland, was die meisten Flüchtlinge seinen Worten nach wollen.
Eine zweite Möglichkeit bestehe in der "lokalen Integration" in dem Land, in das die Menschen geflohen seien. Als drittes nannte er die Umsiedelung in ein weiteres, drittes Land.
Als Gründe, warum Menschen ihre Heimat verlassen nannte er an erster Stelle die Hoffnungslosigkeit, wenn ein Krieg beispielsweise schon seit fünf Jahren andauere. Horrende Mieten oder die Unfähigkeit, für die Familie einen Lebensunterhalt zu erwirtschaften, sei eine weitere Ursache, warum Menschen beispielsweise Ägypten, Jordanien oder den Libanon verließen.
Friedl forderte mehr Geld für Projekte, mit denen die Nachbarländer von krisengeschüttelten Regionen unterstützt werden könnten. Menschen könnten die Zeit dann dort überbrücken, bis sich die Lage in ihrer Heimat wieder beruhigt habe. Auch die Furcht davor, inhaftiert zu werden, weil jemand keine Aufenthaltsgenehmigung mehr habe, treibe Menschen in Richtung Mitteleuropa.
Darauf, dass die zugewanderten Menschen einen unerschöpflichen Reichtum mitbrächten, wies der Vorsitzende des Caritasrats, Prälat Peter Kossen, in seiner Begrüßung hin. Der Fremde biete uns die Chance, in ihm Gott zu begegnen. Im Blick auf Muslime zitierte er den Münsteraner Islamwissenschaftler Adel Theodor Khoury, wonach mit Ihnen eine friedliche Koexistenz möglich sei: "Mehr nicht, aber auch nicht weniger."
Im Rahmen des Caritas-Fachtages "Menschen auf der Flucht. Flüchtlinge vor Ort begleiten" wurden in Workshops weiterhin die Initiativen "Elbmütter - ein interkulturelles Sozialraumprojekt für Familien in Hamburg" sowie "Projekt Findus - Ehrenamtliche Patenschaften für Kinder mit Migrationshintergrund in Vechta" vorgestellt.
Die 75 Teilnehmer aus dem gesamten Offizialatsbezirk Oldenburg erfuhren darüber hinaus etwas über die "Ehrenamtliche Flüchtlingshilfe der Pfarrgemeinde St. Johannes Baptist in Garrel" und weitere Initiativen Ehrenamtlicher in den Landkreisen Vechta und Cloppenburg. Weitere Infos zu einem möglichen Engagement im Bereich von Flüchtlingen beim Veranstalter, dem Landes-Caritasverband für Oldenburg, Dietmar Fangmann, Tel. 04441/8707-627.
Text: dkt, 09.10.2015