Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes für 24 Stunden zu Gast in Vechta - Abschluss des 100-jährigen Jubiläums - Pohlmann: "Kliniken sind hochgefährdet"- Fachkräftemangel größte Herausforderung in der Wesermarsch
Vechta / Berlin / Brake (LCV) Das Ehrenamt wird politisch überschätzt, wenn man glaubt, dass es unorganisiert funktioniert. Das sagte die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, am Freitag, 10. Februar, im Rahmen eines 24-stündigen Besuches in Vechta. Anlass war das Corona-bedingt verschobene 100-jährige Jubiläum des Landes-Caritasverbandes für Oldenburg.
Vielmehr gelte es das Zusammenwirken zwischen Haupt- und Ehrenamt herzustellen. Dies neu zu reflektieren und umzusetzen werde zur "Überlebensfrage" für die Caritas.
Dass "Haupt- und Ehrenamt Hand in gehen muss", bestätigten auch SkF-Vorsitzende Silja Meerpohl und Geschäftsführerin Christiane Priester. In den sieben Fachbereichen des Vechtaer Frauenverbandes gebe es 53 hauptamtliche und 398 ehrenamtlich Mitarbeitende. Die meisten davon in den sozialen Kaufhäusern.
Bekunde jemand sein Interesse, sich freiwillig zu engagieren, werde zu Beginn geklärt: "Was wollen Sie? Was erwarten Sie?" und umgekehrt dargelegt "Was können wir bieten?" "Geballte Gemeinschaft" zu erleben sei dabei etwas, das Ehrenamtliche in Gottesdiensten zu Jahresbeginn oder Weihnachtsfeiern äußerst schätzen, so Meerpohl. Und auch das berichtete sie bei dem Treffen im Haus der Caritas: Ohne die Ehrenamtlichen wäre die Arbeit des SkF nicht möglich.
Von zunehmend mehr Anfragen bei der "Geschlossenen intensivtherapeutischen Wohngruppe (GiTW)" in Lohne im Hinblick auf Acht- bis Neunjährige berichteten Geschäftsführer Heribert Mählmann und Einrichtungsleiter Hartwig Markus.
"Die Psychiatrien sind voll, die Jugendämter ratlos", so Markus. In der Zeit von acht bis zehn machten die Jungen bereits erste Drogenerfahrungen. "Wer in die GITW kommt, hat bereits alle anderen Angebote durchlaufen", so der erfahrene Pädagoge. Alle seien "schwer traumatisiert".
Wer einen der sieben Plätze bekomme, für den seien in den ersten zwei Wochen Fenster und Türen verschlossen. Gearbeitet werde in der Einrichtung des Caritas-Sozialwerks nach dem Prinzip: "Egal, was Du machst, wir kümmern uns trotzdem um Dich." Der beeindruckende Satz eines Jugendlichen in der GITW, wo der Durchschnittsaufenthalt 18 Monate beträgt: "Eigentlich hätten meine Eltern hierher gemusst".
Dass Krankenhäuser "hochgefährdet" seien und wirtschaftlich betrachtet "keine einzige Klinik in Niedersachsen 2023 positiv abschließe", berichtete Honorarprofessor Dr. Martin Pohlmann.
Die zwölf Häuser, die in der ‚oldenburgischen Arbeitsgemeinschaft katholischer Kliniken‘ zusammengeschlossen sind, verfügen über 2.605 Betten und damit durchschnittlich 214 pro Haus. 123.000 Patienten werden jährlich stationär versorgt und weitere 325.000 ambulant. 6.500 Männer und Frauen seien in diesem Bereich beschäftigt. Der Jahresumsatz betrage 520 Millionen Euro, so Pohlmann.
Mitarbeitende zu finden, "die zu uns passen", bezeichnete der Geschäftsführer des Caritasverbandes im Kreis Wesermarsch, Ralf Bunten, als derzeit größte Herausforderung. 98 beruflich Tätige sind dort derzeit in umgerechnet 64 Vollzeitstellen beschäftigt.
Äußerst beeindruckt zeigte sich Welskop-Deffaa vom Fahrrad-Service des Andreaswerkes im Vechtaer Bahnhofsbereich. Dies sei im Hinblick auf die drängenden ökologischen Fragen der Zukunft vorbildlich. Dass konkurrenzfrei mit einem Profi-Fahrradladen in der Reiterstadt zusammengearbeitet werde, sei für die Caritas insgesamt wegweisend.
Teil des Besuchs war eine Zusammenkunft mit Weihbischof Wilfried Theising sowie mit Menschen mit Beeinträchtigung in der Manufaktur des Andreaswerkes. Der letzte Besuch eines Caritas-Präsidenten im Oldenburger Land fand im Juli 2006 statt, würdigte Caritasdirektor Dr. Gerhard Tepe den Aufenthalt von Welkop-Deffaa, die seit Herbst 2021 als erste Frau das Amt der Präsidentin innehat.
Pressemitteilung
"Eigentlich hätten meine Eltern hierher gemusst"
Erschienen am:
14.02.2023
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