Vechta / Visbek / Söhlde / Papenburg / Niedersachsen. Es wird einem mulmig zu Mute, wenn man sie liest: die knapp 1000 Karten, die aus ganz Niedersachsen zentral im Postkasten des Vechtaer „Hauses der Caritas“ gelandet sind. Darin schreiben Männer und Frauen, Pflegerinnen und Nichtpfleger, Gesunde und Kranke, Alte und Junge, warum sie die niedersächsische Caritas-Kampagne „Pflegealarm – Die Helfer brauchen Hilfe“ unterstützen.
Wut, Enttäuschung, Angst und Sorge sind daraus zu lesen. „Ich arbeite seit 34 Jahren in der Kranken- und Altenpflege. Es hat selten so viele unzufriedene und erkrankte Mitarbeiter gegeben. Viele haben die Freude an der Arbeit verloren“, schreibt etwa Angela Muhle aus Visbek (Landkreis Vechta).
Damit trifft sie einen wesentlichen Strang der Einsendungen: Die Sorge um die Gesundheit der Pflegerinnen und Pfleger, die Angst, die Belastung nicht lange auszuhalten. „Habe mich schon oft verhoben“, heißt es da. Oder:„Der Pflegende steht unter Dauerstress“. „Nicht arbeiten wie am Laufband“, ist auf anderen Rückmeldungen zu lesen.
Zur hohen körperlichen und psychischen Belastung kommt das negative Image, unter dem ebenfalls viele Pflegerinnen und Pfleger leiden. „Schlechte Berichte in den Medien erscheinen. Den Pflegekräften wird die Verantwortung zugeschoben. Die können nichts für die schlechten Rahmenbedingungen“, verteidigt eine Einsenderin aus dem Emsland die in den Altenheimen Tätigen.
„Menschenwürdiges Arbeiten“ fordert eine Pflegerin kurz, knapp und in spürbar hartem Ton. Das scheint oft nicht mehr möglich zu sein. „Nicht sechs bis acht Bewohner in einer Stunde versorgen. Dies ist menschenunwürdig“, fasst eine Autorin aus Cloppenburg zusammen. Und Patrick Heinert aus Söhlde (Landkreis Hildesheim) sagt resigniert: „Die Pflege wird immer menschenunwürdiger“.
Ein weiterer, vielleicht der wichtigste Strang in den knapp 1000 Rückmeldungen: die Sorge und das Mitleid mit den Bewohnern von Altenheimen. „Diese Männer und Frauen haben eine andere Pflege verdient“, heißt es da kurz. Denn: „Im Moment ist es nur Abfertigen, weil man schnell zum Nächsten muss“, schreibt eine Frau aus Esterwegen im Emsland. „Und dabei ist es zeitaufwendig, auf demente Heimbewohner einzugehen“, mahnt Irina Wins aus Papenburg an.
„Weil alte Menschen ein Recht auf würdevolle Pflege haben. Das ist ein Menschenrecht“, bringt es eine Schreiberin aus Hannover schließlich auf den Punkt.
Kritik, die auch die niedersächsische Caritas im Rahmen ihrer diesjährigen Pflegekampagne formuliert hat. Und die am kommenden Dienstag, 7. Oktober, in Hannover durch die rund 1500 anreisenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen noch einmal deutlich werden wird. An dem Tag, an dem Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann auch die 1000 Karten aus ganz Niedersachsen übergeben werden.
Dietmar Kattinger
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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