Vechta / Obidos (Brasilien) (LCV) „Dialog. Es geht nur über den Dialog“, sind sich die beiden brasilianischen Bischöfe Johannes Bahlmann und Weihbischof Leonardo Steiner einig. Nur im „Mehr aufeinander Hören“ führe der Weg Brasiliens in eine gute Zukunft, wünschten sie sich im Rahmen eines Pressegesprächs am Dienstag, 3. September, im Vechtaer ‚Haus der Caritas‘.
Dabei sind die Franziskaner dankbar für den Druck, den Deutschland derzeit auf die brasilianische Regierung ausübt. Ebenso für das Wirken von Umweltschützern. Anlässlich eines Jubiläums sind die Bischöfe einige Tage in Bahlmanns Heimatort Visbek, wo er zum Ehrenbürger ernannt worden ist.
Als „sehr schrecklich“ erlebt der gebürtige Südoldenburger die 72.000 Brandherde, die es derzeit insgesamt in Brasilien gebe. Unter anderem seien sie deshalb „außer Kontrolle geraten“, weil es vor Ort keine Feuerwehr gebe, so der 58-Jährige. „Die Schäden etwa an der Artenvielfalt sind nicht mehr rückgängig zu machen.“
Ein Grund dafür sei, dass es eine „Kultur des Abholzens“ gebe, schilderte Bahlmann. Beispielsweise einen ‚Tag des Feuers‘. Eine weitere Ursache sieht Steiner darin, dass Präsident Jair Bolsonaro viel Negatives über die Umwelt gesagt habe. Die Menschen fühlten sich daher freier, Wälder anzuzünden. Steiner: „Es geht um das Geld!“ Viele seien inzwischen motiviert, Dinge zu tun, die nicht gut seien. Was dem früheren Generalsekretär der brasilianischen Bischofskonferenz am derzeitigen Regierungshandeln fehlt, sei ein „Projekt“ und damit eine politische Richtung.
„Wer soll das auffangen, dass Zuschüsse für Schulen und Sozialprojekte gestrichen werden“, fragte Bahlmann. Weiter kritisierte er, dass aus der eher armen Region Obidos, in der er lebt, „viel herausgeholt wird, aber wenig zurückfließt“. So werde dort beispielsweise eine große Menge Strom gewonnen.
Der werde in dicken Kabeln über den Bewohnern seines Bistums in andere Landesteile weitergeleitet. „Darunter sitzen die Menschen aber mit Kerzen“, beschreibt Bahlmann eine Region, die gleichzeitig den höchsten Strompreis Brasiliens habe.
Die Katholische Kirche sei keineswegs gegen Fortschritt. Der dürfe aber nicht auf dem Rücken der Armen und auf Kosten der Nachhaltigkeit erreicht werden.
Als Lösung sieht der gelernte Agraringenieur, dass Kleinbauern gefördert und gestärkt werden. Ihnen müsste vermittelt werden, dass Sie das Heft in der Hand haben, nicht die Regierung. Für den Anbau könnten beispielsweise Obst- und Früchtebäume attraktiv sein. Weiterhin bräuchten sie die Rechte an ihrem Land. Schulen sowie das Gesundheitswesen müssten gefördert werden.
Die Deutschen mahnte Bahlmann, sich zu fragen, ob sie alles konsumieren müssten, was möglich sei. Beispielsweise riet er zu einem veränderten Fleischkonsum.
Das Bistum Obidos sei etwa so groß wie Deutschland, ein Drittel der Fläche allerdings gar nicht bewohnt. 80 Prozent des Gebietes ist Wald, viele der 300.000 Einwohner leben am Fluss, so der Bischof.
Die Bodenständigkeit sei das, was er als Südoldenburger auch nach über 30 Jahren in Brasilien behalten habe. Hinzugekommen sei die Flexibilität, bilanziert Johannes Bahlmann. So könne es sein, dass ein Gottesdienst für zehn Uhr angesetzt sei, aber erst um 13 Uhr beginne.
Der gebürtige Visbeker steht dem heutigen Bistum Obidos seit zehn Jahren vor. Bischof Steiner war es, der ihn 1983 in Kontakt mit dem Orden der Franziskaner brachte.
Dietmar Kattinger
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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