Osnabrück. Im März lösten die drei niedersächsischen Caritasverbände „Pflegealarm“ aus, weil die Rahmenbedingungen für die Altenhilfe in Niedersachsen nicht mehr hinnehmbar sind. In den Sommermonaten werden nun alle 24 Landtagsabgeordneten im Bistum Osnabrück und weitere Kommunalpolitiker in die Altenheime eingeladen, um sich selbst ein Bild vor Ort zu machen.
In Osnabrück waren die SPD-Landtagsabgeordnete Ulla Groskurt und der Stadtrat Uli Sommer, ebenfalls SPD, zu Gast im Seniorenzentrum St.Franziskus.
Nach zwei Stunden Mitarbeit in der Pflege und Gesprächen mit Bewohnern, Mitarbeitern und der Einrichtungsleitung hielt Frau Groskurt fest: „Der Pflegealarm ist sicher nötig. Wir wissen seit längerem, dass der Pflegenotstand droht, weil es zu wenig Pflegekräfte gibt. Das wiederum hat mit den Arbeitsbedingungen zu tun.“ Die Sozialpolitikerin warb trotzdem für diesen Beruf: „Die Altenpflege ist ein sehr interessantes und anspruchsvolles Arbeitsfeld.“ Und: „Als Politiker können wir Rahmenbedingungen verändern, indem wir z.B. auf die Pflegekassen einwirken.“
Uli Sommer ergänzt: „Ich bin schon in vielen Häusern gewesen. Heute habe ich den Druck mitbekommen, unter dem die Pflegerinnen stehen.“
Die Caritas formuliert mit dem „Pflegealarm“ konkrete Ziele und Erwartungen an die verantwortlichen Politiker: Mehr Zeit für die Pflege der Bewohner und Patienten, eine angemessene Vergütung der Pflege und eine höhere Anerkennung der pflegenden Berufe.
Die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen lassen eine würdige Pflege alter und kranker Menschen immer schwieriger werden. Obwohl z.B. die Zahl demenzkranker Bewohner zunimmt und die Verweildauer der Bewohner in den Pflegeheimen immer kürzer wird, bestehen für die Einrichtungen keine Spielräume, mehr Personal einzustellen.
Die Pflegesätze orientieren sich nicht am tatsächlichen Bedarf der Häuser und lassen z.B. außer acht, dass die katholischen Einrichtungen zu den letzten gehören, in denen tarifgerechte Löhne gezahlt werden.
Deshalb fordert die Kampagne unter anderem eine angemessene Vergütung der Caritasarbeit.
Unterstützt wird der landesweite „Pflegealarm“ der Caritas von den niedersächsischen Bischöfen Norbert Trelle (Hildesheim), Franz-Josef Bode (Osnabrück) sowie von Weihbischof Heinrich Timmerevers (Vechta). Unter anderem hatten alle drei Bischöfe im März einen offenen Brief an Ministerpräsident Christian Wulff sowie an alle niedersächsischen Landtagsabgeordneten unterzeichnet.
Darin beklagen sie „ein unsägliches Diktat des Feilschens und Tauziehens um jeden Cent“ bei Pflegesatzverhandlungen. „Niedersachsen ist in der Altenpflege das Schlusslicht der westdeutschen Länder“ heißt es weiter. Die Bischöfe beklagen die „immer klarer erkennbare Dominanz des Ökonomischen im Sozialen“.
Im Bistum Osnabrück gibt es 95 katholische Pflegeeinrichtungen (Altenheime, Sozialstationen, Kurzzeitpflege und Tagespflege), in denen 4983 Mitarbeiter tätig sind. Hier können ca. 7.100 Personen gepflegt oder begleitet werden.
In Niedersachsen gibt es insgesamt 181 katholische Einrichtungen, die 16.810 Bewohner bzw. Patienten pflegen können. Insgesamt sind 9.376 Mitarbeiter beschäftigt.
Text: Roland Knillmann, DiCV Osnabrück, 05.08.2008