Oldenburg / Nordwesten (LCV) Mit dem gellenden Geräusch Trillerpfeifen und drastischen Worten haben rund 350 Pflegekräfte sowie weitere Vertreter aus Krankenhäusern aus dem gesamten Nordwesten auf die aktuelle Lage ihrer Kliniken aufmerksam gemacht.
Unter ihnen Honorarprofessor Dr. Martin Pohlmann, Vorsitzender der "Bezirksarbeitsgemeinschaft Oldenburg" der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG), die zu der Kundgebung auf dem Oldenburger Waffenplatz eingeladen hatte.
Scheinbar werde billigend in Kauf genommen, so Pohlmann, "dass Krankenhäuser planlos in den Konkurs gehen". Auch im Nordwesten gebe es Kliniken, "die laut über eine Insolvenz nachdenken", schilderte der gelernte Krankenpfleger und Pflegewissenschaftler.
Unter anderem die Inflation habe dazu beigetragen, "dass die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben mittlerweile weit auseinanderklafft".
Pohlmann forderte unter anderem einen Inflationsausgleich für die Jahre 2022 und 2023. Die Steigerung der Sach- und Energiekosten müsse ausgeglichen werden. Die regelmäßige Erhöhung der Tarifkosten müsse den Kliniken dauerhaft erstattet werden.
93 Prozent der 170 Krankenhäuser in Niedersachsen würden in diesem Jahr ein negatives Finanzergebnis erwarten, schilderte Dr. Alexander Poppinga, Vorstand des Evangelischen Krankenhauses Oldenburg. Es gebe im Krankenhaussystem eine dauerhafte Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben. So habe es bei Brötchen eine Kostensteigerung von 77 Prozent gegeben, bei Arzneimitteln eine Verteuerung um das Fünffache.
Einem Zitat des Bundesgesundheitsministers Lauterbach zu Folge sei man ‚am Vorabend eines Krankenhaussterbens‘. Poppinga: "Ein Offenbarungseid der Bundesregierung."
Eindringlich schilderte die Cloppenburger Krankenpflegerin Ruth Fangmann die Lage aus Sicht des Pflegepersonals: "Wir arbeiten im Akkord, werden aber nicht nach Akkord bezahlt. Wir arbeiten heftig, obwohl wir krank sind. Wir nehmen den Urlaub so, dass der Laden noch läuft."
Dass die Kosten stärker stiegen als die Erlöse, kritisierte auch Rainer Schoppik, Vorstand im Klinikum Oldenburg. Schoppik: "Das bricht uns auf Dauer das Genick."
Für Ulrich Pelster, Vorstandsvorsitzender der Schwester-Euthymia-Stiftung in den Landkreisen Cloppenburg und Vechta, gleicht das Krankenhaussystem einem Patienten mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung in der Notaufnahme. Der behandelnde Arzt sage: "Ich überlege mir in Ruhe, welche Therapie die beste ist." Eine Reform in fünf Jahren ist nach Pelsters Ansicht "Blödsinn". Dann gebe es keine Krankenhäuser mehr, fürchtet der Verwaltungschef.
Am bundesweiten Aktionstag der deutschen Krankenhausgesellschaft unter dem Titel "Alarmstufe Rot - Krankenhäuser in Not" waren 22 Krankenhäuser der "Bezirksarbeitsgemeinschaft Oldenburg" der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft beteiligt. Weitere neun Kliniken der Bezirksarbeitsgemeinschaft Aurich haben sich dem Protest angeschlossen. Die 31 Kliniken halten insgesamt 7.552 Betten vor.
NKG-Bezirksarbeitsgemeinschaft Oldenburg (5.764 Betten) und Aurich (1.788 Betten).
Zur BzAG Oldenburg gehören:
1. Karl-Jaspers-Klinik - Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Somatik Bad Zwischenahn
2. St. Bernhard-Hospital gGmbH Brake
3. St. Josefs-Hospital gGmbH Cloppenburg
4. Krankenhaus St. Elisabeth gGmbH Damme
5. Delme Klinikum Delmenhorst GmbH
6. St.-Marien-Hospital gGmbH Friesoythe
7. Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Wichernstift gGmbH Ganderkesee
8. STENUM Ortho GmbH - Fachklinik für Orthopädie Ganderkesee
9. St. Franziskus-Hospital gGmbH Lohne
10. St. Anna-Klinik gGmbH Löningen
11. Clemens-August-Stift Neuenkirchen
12. Evangelisches Krankenhaus Oldenburg
13. Klinikum Oldenburg AöR
14. Pius-Hospital Oldenburg
15. Friesland Kliniken gGmbH Nordwest-Krankenhaus Sanderbusch Sande
16. Friesland Kliniken gGmbH St. Johannes-Hospital Varel
17. St. Marienhospital Vechta gGmbH
18. Ammerland-Klinik GmbH Westerstede
19. Bundeswehrkrankenhaus Westerstede
20. Psychiatrieverbund Oldenburger Land gGmbH - Karl-Jaspers-Klinik Westerstede
21. Krankenhaus Johanneum Wildeshausen
22. Klinikum Wilhelmshaven gGmbH
Zur BzAG Aurich gehören:
23. Ubbo-Emmius-Klinik gGmbH Klinik Aurich
24. Klinikum Emden - Hans-Susemihl-Krankenhaus gGmbH
25. Borromäus Hospital Leer gGmbH
26. Inselkrankenhaus Borkum gGmbH
27. Klinikum Leer gGmbH
28. Krankenhaus Rheiderland, Leer
29. Ubbo-Emmius-Klinik gGmbH Klinik Norden
30. Krankenhaus Norderney gGmbH
31. Krankenhaus Wittmund gGmbH