Vechta / Oldenburg (LCV) In bisher deutlichster Weise hat sich Prälat Peter Kossen (47) am Sonntag, 1. Mai, bundesweit für einen anderen Umgang mit Werksvertragsarbeitern ausgesprochen. Anlässlich des Tages der Arbeit forderte der Vechtaer "die weitest gehende Einschränkung der Werkverträge und der Leiharbeit im Kerngeschäft von Unternehmen". Kossen vor über 200 Zuhörern: "Es braucht jetzt ein Gesetz, damit der Systemwechsel stattfindet."
Bei der Beschäftigung von 80 Prozent Leiharbeitern in Unternehmen "geht es in Wirklichkeit um Lohndrückerei und das Umgehen minimalster Sozialstandards", kritisierte der Vorsitzende des Oldenburgischen Caritasrates in der Vechtaer Stadtmitte.
Zu Demonstrationszug und Kundgebung eingeladen hatte das ‚Netzwerk "Menschenwürde in der Arbeitswelt"‘.
Den Werkvertragsarbeitern rief Kossen zu: "Wehrt Euch! Steht auf! Lasst Euch nicht wie Sklaven behandeln! Vernetzt euch! Geht an die Öffentlichkeit! Macht Eure Situation bekannt!"
Werkvertragsarbeit würde als "Sachkosten" verrechnet, nicht als "Personalkosten", monierte der Vechtaer Theologe. In großem Stil werde sie in Deutschland für Lohndumping und Ausbeutung missbraucht.
Arbeitnehmer-Entsendung sei tausendfach zum Menschenhandel verkommen. Ohne Sprachkenntnisse und finanzielle Reserven seien Arbeitsmigranten erpressbar. Kossen: "Ich schäme mich dafür, dass dies in meinem Land und in meiner Heimat geduldet wird."
Unternehmer, die dies zulassen, "machen sich mitschuldig an der modernen Sklaverei", sagte Kossen, der auch Stellvertreter des Bischöflichen Offizials ist. Entstanden sei "eine große anonyme Gruppe - eine Geisterarmee." Durch den Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit würden in Deutschland Hunderttausende Arbeitsmigranten systematisch ausgebeutet. Kossen: "Was muss noch passieren, damit ein Gesetz kommt zur Eindämmung dieser offensichtlichen Menschenschinderei?" Die entsprechenden Selbstverpflichtungserklärungen der Fleischindustrie seien "Sprechblasen, heiße Luft".
Bereits am Abend zuvor hatte Kossen in der Oldenburger Lambertikirche zum Thema "Solidarität" gepredigt. "Arbeitsstrich, Straßenstrich, Zwangsprostitution minderjähriger bulgarischer Frauen: rechtsfreie Räume sind entstanden, Parallelwelten, richtige Subkulturen mitten unter uns!", prangerte der Vechtaer Prälat an.
Ausgebeutet würden Mitarbeiter im Hotelgewerbe, auf Großbaustellen, im Versandhandel.
Das System stütze sich vielfach auf das skrupellose Geschäft krimineller Subunternehmer. Unternehmer, die dies dulden, "sind mitschuldig an moderner Sklaverei".
Gott sei parteiisch und stehe auf der Seite der Kleinen und Schwachen. Kossen: "Daher muss auch die Kirche auf der Seite der Weggeworfenen stehen."
Der Prediger forderte eine Kennzeichnungspflicht bezüglich Herkunft und Verarbeitung von Lebensmitteln. Den einzelnen rief er auf zu bewusstem Einkaufsverhalten und beharrlichem Nachfragen im Handel. Kossen: "Solidarität ist der einzige Weg, unsere aus den Fugen geratene Welt neu zu ordnen und zu befrieden."
Zitat:
"Bürger aus Rumänien feiern an diesem Wochenende Osterfest. Allen Anwesenden zunächst herzlichen Glückwunsch!"
Prälat Peter Kossen zu Beginn der Veranstaltung