Cloppenburg / Lastrup / Neuenkirchen-Vörden (LCV) Es ist bedrückend, was Weihbischof Wilfried Theising und eine Caritas-Delegation an diesem Tag zu hören und zu sehen bekommen: die Angst vor dem Essen, die immer mehr junge Patienten in der Clemens-August-Jugendklinik in Neuenkirchen-Vörden haben. "Und das, obwohl sie dünn und ausgemergelt sind", berichten Chefarzt Jürgen Gründkemeyer und der Leiter des Pflege- und Erziehungsdienstes Günter Schwarte.
Junge Menschen, überwiegend Mädchen, die nachts eine Pulsfrequenz von 20 hätten und tagsüber von 40. Deren Gehirn nicht mehr richtig durchblutet sei, erfahren der stellvertretende Caritasdirektor Honorarprofessor Dr. Martin Pohlmann und Psychiatrie-Referentin Madlen Seelhoff in der Einrichtung mit 72 stationären Plätzen und 185 Mitarbeitenden.
Erkrankungen, die mindestens drei bis vier Monate Klinikaufenthalt nach sich zögen bei Heranwachsenden, die "keinen Austausch mehr mit anderen haben und kein reales Leben". Für die es schon ein Fortschritt sei, die Zimmertür drei Stunden am Tag offen zu lassen und auf diese Weise wieder in realen Kontakt mit anderen Menschen zu kommen.
Erschreckend die Nachricht aus dem psychiatrischen Pflegeheim St. Elisabeth in Lastrup, dass auch dort die Patienten immer jünger würden. Dass manchmal für eine 17-Jährige von irgendwo in Deutschland nach einem stationären Betreuungsplatz gefragt würde. Bitter die Information, dass manche Lebensläufe so tragisch verlaufen, manche Beziehungen so entzweit sind, dass die Angehörigen nichts mehr von ihren psychisch kranken Verwandten wissen wollen. Bis dahin, dass das St. Elisabeth-Stift sich später auch um die Grabpflege ihrer ehemaligen Bewohner kümmert.
Bedrückend für die Delegation, die an Schizophrenie, Persönlichkeits- oder Angststörungen so stark Erkrankten im Gemeindepsychiatrischen Zentrum in Cloppenburg (GPZ) zu erleben. Die ebenfalls immer jünger werden und bis zu 20 Jahre im GPZ leben.
Und dann die guten Nachrichten: Der Satz aus Neuenkirchen etwa, "dass Krankheiten erlernt, aber auch wieder verlernt werden können." Die Ermutigung des Chefarztes Jürgen Gründkemeyer, sich Hilfe zu holen. Sein Rat an Eltern, einander in den Familien Zeit zu schenken, gemeinsam zu essen. Dinge, die im Grunde einfach seien und nichts kosten würden. Auch der Hinweis an Mütter und Väter, dass das Glück nicht im riesigen Geschenk oder dem teuren Ferienpark liege.
Beglückend, von der Entscheidung des Stiftungsrats des St. Elisabeth-Stiftes in Lastrup zu hören, der entschieden hat, für die psychiatrischen Patienten einen neuen Trakt zu bauen. "Weil sie selbstverständlich das gleiche Niveau verdient haben, wie jeder andere Bewohner auch", so Geschäftsführer Guido Suing. Beeindruckend die Haltung der Ergotherapeutin, die seit drei Jahrzehnten in Lastrup arbeitet und sagt: "Die Krankheit ist nicht die Hauptsache. Es ist immer der Mensch, um den es geht."
Bewegend die Haltung der Krankenschwester im GPZ, deren Erfolg oft darin besteht, den gesundheitlichen Status quo bei Patienten zwischen 18 und 76 zu halten oder eine Verschlimmerung zu verlangsamen. Und die das seit mehr als zwei Jahrzehnten macht.
"Sie tragen dazu bei, dass diese Menschen nicht abgeschrieben werden und achten deren Würde - stellvertretend für uns alle", dankte Weihbischof Theising - ebenso bewegt wie der Rest der Delegation.
Pressemitteilung
Psychiatrische Patienten werden immer jünger
Erschienen am:
19.09.2025
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