Weihbischof Theising besucht erstmals oldenburgische Partnerprojekte der Malteser – Initiative 1994 durch Aloys Schmiegelt aus Sandkrug gestartet – Caritas-Arbeit nur durch Hilfe aus dem Ausland möglich
Oldenburger Land / Weißrussland (LCV) Sie stehen hinter Gittern, bis unter die Decke gestapelt. Seit zweieinhalb Monaten lagern sie da, die Hilfsgüter aus dem Oldenburger Land. Bananenkartons mit Jacken, Mänteln und Schuhen zeigt Michael Daemen aus Goldenstedt.
Kurios? Nein, sondern der ganz normale Weg in Weißrussland: Was beispielsweise mit einem 40-Tonner aus dem Ortsteil Lutten oder der Stadt Oldenburg für den guten Zweck ins Land rolle, könne nicht sofort verteilt werden, weiß der Auslandsreferent der Malteser im Offizialatsbezirk Oldenburg. Erstmals hat sich der Vechtaer Offizial und Weihbischof Wilfried Theising jetzt über das Engagement des katholischen Hilfsdienstes in Belarus informiert.
Hat man unterschiedliche Spenden dabei, verschärfe sich das Problem noch einmal, erzählt Daemen, gleichzeitig Beauftragter der Malteser in Deutschland für Weißrussland. Alles müsse von unterschiedlichen Behörden genehmigt werden. Für Rollstühle beispielsweise brauche man die Bedienungsanleitung, sagt der 64-Jährige ehemalige Soldat der Bundeswehr. Zusätzlich ein Zertifikat, wonach mit dem Gefährt alles in Ordnung sei und die Bestätigung, dass die fahrbare Sitzgelegenheit nicht mehr als fünf Jahre auf ihrem Buckel habe.
Ganz normale Vorgänge im Land des Präsidenten Lukaschenko, der Spendeneingänge von über 5.000 Euro höchstpersönlich durch seine Unterschrift genehmigt, erfährt die Gruppe aus Caritas und Maltesern über das Land, in dem bereits 70 Prozent seiner Bevölkerung in den großen Städten leben. Tendenz steigend.
In der Republik Belarus – so der offizielle Name - , wo manche schwerkranke Menschen vom Arzt gesagt bekommen: „Wenn Sie können, besorgen sie sich das Medikament im Ausland – etwa in Polen.“ Weißrussische Tabletten hätten manchmal lediglich eine Placebo-Funktion, erfährt die oldenburgische Gruppe, der auch Caritasdirektor Dr. Gerhard Tepe angehört.
Kein leichtes Unterfangen in einem Land, in dem ein Durchschnittsgehalt zwischen 250 und 350 Euro liege, die Rente bei 150 Euro, der Liter Milch aber dennoch 80 Cent koste.
Seit 1994 engagieren sich die Oldenburger in Weißrussland. Zufällig hatten sie damals Halt gemacht in Voronowo auf der Fahrt eines oldenburgischen Hilfstransportes nach Litauen. Von Polen aus konnte man nicht nur über den Umweg Weißrussland in das baltische Land fahren. Durch die Pionierarbeit von Aloys Schmiegelt aus Sandkrug bei Oldenburg gab und gibt es seit 1994 zahlreiche Projekte der Malteser in Dinklage, Goldenstedt-Lutten, Sandkrug und Vechta.
„Ohne die Hilfe aus dem Ausland könnten wir keine Caritasarbeit machen“, stellt der Kapuzinerpater und Caritasdirektor im Bistum Minsk, Bruder Pater Andrei Zhylevich klar. Und damit auch nicht das Wohnangebot nahe der Hauptstadt Minsk aufrecht erhalten: Krebskranke Kinder werden in einer landesweit zentralen Klinik in Minsk behandelt. Müssen beispielsweise zur Chemo mit ihren Eltern in die Klinik kommen. Letztere aber müssen sich um ein Quartier für Eltern und Kinder kümmern.
Die junge Mutter in der Jogginghose beispielsweise. Seit zehn Tagen wohnt sie im Caritas-Zentrum Minsk-Leskowa in einem Zimmer mit Bad – 350 Kilometer von ihrem Heimatort entfernt. Auf dem Bett barfuß sitzend ihr 13-jähriger krebskranker Sohn. Hinter dem Mundschutz nur seine Augen zu sehen. Die wiederum umrandet von tiefen Augenringen. Miete müssen Mutter und Sohn keine zahlen. Lediglich für’s Essen müssen sie sorgen. „Wie im Paradies“ fühlen sich die bedürftigen Familien, die zu Hause teilweise in einfachen Holzhäusern leben.
Ohne Hilfe aus dem Ausland wäre auch die Verpflegung der rund 100 Männer und Frauen im Wohnheim für Obdachlose der Stadt Minsk nicht möglich. Für das abendliche Essen der ausgemergelten Männer und Frauen mit teils leerem Blick sorgt die Caritas von Oktober bis April jeweils von Montag bis Freitag. Von einem bis zu zwölf Monaten können die Gestrandeten des Lebens dort verbringen. 60 Prozent würden danach wieder die eigenen Beine kommen. Möge die Zahl stimmen. Glauben kann man sie nicht.
700 Euro braucht die Caritas in diesen Wintermonaten pro Monat nur für das Essen. Macht rund 30 Cent pro Mensch und Mahlzeit. Eine zentrale Erkenntnis der oldenburgischen Gruppe: Schon mit wenig Mitteln kann viel geholfen werden in Weißrussland. „Schwierig ist vor allem das Anfangen“, sagt der Caritasdirektor aus Minsk. Wenn Initiativen ans Laufen gekommen seien, fände sie häufig ein Weg der Fortführung.
Ein Prinzip, das der Vechtaer Offizial und Weihbischof Wilfried Theising bewunderte. Ausdrücklich dankte er allen oldenburgischen Aktiven in der Osteuropahilfe. Neben der großen Gastfreundschaft habe ihn am meisten beeindruckt, „dass jedes Engagement und damit auch das oldenburgische viel zur Entwicklung des Landes und damit auch zu seiner Demokratisierung beiträgt.“
Spendenkonto:
Landes-Caritasverband für Oldenburg
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Stichwort: Weißrussland