Landkreis Vechta (LCV) Das Bedürfnis zu erzählen, ist groß an diesem Montagnachmittag. Für die Menschen mit Handicap, die beiden Angehörigen und die Person, die per Video zugeschaltet ist zum Treffen des "Arbeitskreis barrierefreier Landkreis der Selbsthilfegruppen".
Gegründet vor der Corona-Pandemie überprüft die Initiative der ‚Kontaktstelle Selbsthilfe‘ alle Kommunen zwischen Neuenkirchen und Visbek darauf, wie es vor Ort ist für Sehbehinderte oder Blinde. Für Rollstuhlfahrer oder Menschen, die auf einen Rollator angewiesen sind. Aus möglichst vielen Blickwinkeln der Behinderung soll das geschehen.
Aber zurück zum Anfang: "Was wünschen sie sich von ihren Mitmenschen?" fragt Caritas-Mitarbeiterin Bettina Rühlmann zu Beginn des Treffens. Auf das Wort ‚Respekt‘ laufen viele Aussagen zu. Denn das Gegenteil erleben die Anwesenden oft.
Von abfälligen Blicken berichten Sehbehinderte einhellig, wenn E-Bikes an ihnen vorbeirasen und sie erschreckt reagieren. Vom Genervt-Sein anderer Kunden erzählt Ursula Reuter aus Damme, wenn sie mit ihrem Mann im Rollstuhl an der Supermarkt-Kasse länger braucht als ein gesunder 20-Jähriger.
Und dann sind da die vielen Kleinigkeiten, die ihnen schon helfen würden: Wenn die geleerten Mülltonnen schnell wieder vom Gehweg geholt würden. Eine längere grüne Ampelphase, weil sechs Sekunden eindeutig zu kurz seien und ihr das regelmäßig Schweißperlen auf die Stirn treibe, erhofft sich Ursula Reuter.
Der Wunsch, den Behindertenparkplatz auch nicht mit der Ausrede zu belegen "Ich habe doch nur eben Brötchen geholt", haben alle in diesem Arbeitskreis.
Auch darin sind sich die Teilnehmenden einig, dass Kommunen an eine zugängliche Toilette für Menschen im Rollstuhl denken sollten. Und, dass diese von Nicht-Behinderten pfleglich behandelt werden sollte.
Und dann gibt es aber auch lobende Worte bei der Aktion, "bei der es nicht darum geht, Kommunen vorzuführen", betont Bettina Rühlmann. Anliegen sei vielmehr, an Beispielen zu schauen: "Was läuft gut? Und wo könnten noch Barrieren sein?" Daher bekämen alle besuchten Gemeinden eine Rückmeldung. Manchmal helfe schon ein Hinweisschild, das beispielsweise auf eine versteckte Klingel aufmerksam macht.
Lobende Worte für die Mitarbeiter von Stadtverwaltungen, deren Rathäuser die Gruppe unangemeldet in Augenschein nimmt. So seien die Kanten der Treppenstufen im Lohner Rathaus innerhalb von sechs Wochen sichtbarer geworden. Und auch in den Rathäusern Steinfeld und Visbek sei die Gruppe "wohlwollend und gesprächsbereit" aufgenommen worden, so Rühlmann.
Bleibt die Frage: Soll der Sehende beispielsweise jemandem mit Blindenstock Hilfe anbieten? "Auf jeden Fall", lädt Sven Blömer ein. Gerne möchten er und alle anderen angesprochen werden.
Pressemitteilung
Sind Rathäuser im Landkreis Vechta barrierefrei?
Erschienen am:
19.10.2023
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