Bakum. "Ich komme sei dreißig Jahren hier auf den Parkplatz, noch nie hat mir jemand etwas geschenkt." Albrecht Braun, Brummifahrer aus Bremen, war sichtlich überrascht und erfreut über die weiße Tüte, die er gestern Abend auf dem Autobahnrastplatz Bakum-Harme von einem freundlich lachenden Mann in die Hand gedrückt bekam. Ihr Inhalt: zwei Päckchen Lebkuchen, ein Nikolaus, zwei Orangen sowie ein Faltblatt mit Wünschen zum Advent und zu Weihnachten.
Wie der irische Reisesegen sind sie übersetzt ins Holländische, Englische, Rumänische, Bulgarische, Russische und Polnische. Der Absender: Weihbischof Heinrich Timmerevers. Die Überbringer: Prälat Peter Kossen, die Bakumer Pastoralreferentin Elisabeth Lüken und einige Ehrenamtliche der Bakumer Kirchengemeinde St. Johannes Baptist. Die Idee zu der von der Darlehnskasse Münster unterstützen Aktion hatte Dietmar Kattinger von Landes-Caritasverband gehabt.
300 Tüten galt es hier zu verteilen, zeitgleich lief die Aktion auch auf den Rastplätzen bei Wildeshausen und Damme. LKW´s kamen genug, doch nicht überall waren die Tütenträger in ihren gelben Caritas-Warnwesten willkommen. Verständlich, dass nicht alle Brummifahrer reagieren, wenn in der Dunkelheit zwei Fremde mit Paketen in der Hand an ihre Tür klopfen. So mancher Fahrer wird seine Erfahrungen gemacht haben. Doch wer sich auf das Gespräch einließ, zeigt seine Freude.
Die Helfer hörten viele Geschichten über lange Lenkzeiten und Stress auf der Straße. Sie hörten von einem Fahrer aus Rumänien, der erst Weihnachten wieder nach Hause kommt, von einem Fahrer, für den "Job und Familie nicht zusammenpassen" und der deshalb geschieden ist, "weil es nur Stress für die Familie ist, wenn man am Wochenende für zwei Tage nach Hause kommt", oder von einem Fahrer, der kein Wort Deutsch spricht und hoch nach Finnland fährt.
"Lkw-Fahrer sind einer hohen Belastung ausgesetzt", erfuhr Prälat Kossen in vielen kleinen Gesprächen. Neben der hohen physischen Anstrengung käme die psychische hinzu: Die Ehen vieler Fahrer seien zu Bruch gegangen, viele vereinsamen. Krankheiten würden oft ignoriert oder durch Medikamente unterdrückt. "Wenn mein Kind am Samstag sagt ‚Papa, können wir eine Radtour machen?‘ dann sage ich ‚Ja‘, obwohl ich so kaputt bin, dass ich am liebsten nur auf dem Sofa liegen möchte," schilderte ihm ein Fahrer. Und am Sonntagnachmittag müssen viele bereits wieder aufbrechen.
Trotz Kälte habe es der Helfergruppe großen Spaß gemacht, bestätigte Kattinger. Von ihren Tüten haben sie noch einige übrig. Die werden sie am Freitagnachmittag in einer zweiten Runde am gleichen Rastplatz verteilen.
Text: Dr. Ludger Heuer, 11.12.2015