Cloppenburg-Stapelfeld (LCV) Es herrschte zwischendurch eine bedrückende Stille beim Fachtag "Umgang mit ‚LSBTIQ+‘ im Alter". ‚LSBTIQ+‘: Ein Wort, das sich aus den Anfangsbuchstaben unter anderem für lesbische, schwule oder zwischengeschlechtliche Menschen zusammensetzt. Still wurde es in der Katholischen Akademie, als Doro Gesche-von Rüden berichtete, dass über 40-jährige Menschen, die sich zwischen den Geschlechtern fühlen (intersexuelle Menschen), verstecken würden. "Viele sind still. Haben das Gefühl, nicht richtig zu sein", berichtete die Expertin aus Bremen am Donnerstag, 6. November.
Keiner von Ihnen wäre bereit, vor die Kamera zu treten oder auch nur ein anonymisiertes Interview zu geben. Gerade für nicht mehr junge Menschen dieser Gruppe gebe es keine "Alters-Community-Strukturen".
Mit Zahlen beschrieb Ralf Lottmann die Lage von Personen aus dem ‚LSBTIQ+‘-Bereich: So hätten nur zwischen 5 und 25 Prozent aller lesbischen und schwulen Personen Kinder im Gegensatz zu 85 Prozent aller Heterosexuellen. Auch gebe es in dieser Gruppe mit 45 Prozent eine hohe Partnerlosigkeit, wie Studien gezeigt hätten. Lottmann: "Freunde sind die wichtigste Form der Unterstützung." Insgesamt sei das soziale Netzwerk brüchig. Pflegeeinrichtungen gegenüber gebe es nicht selten ein Unbehagen. Teilweise auf Grund schlechter Erfahrungen.
Menschen aus der ‚LSBTIQ+‘-Gruppe neigten dazu, in größere Metropolen zu ziehen, so Lottmann weiter. "Da sind mehr meinesgleichen", sei ein dahinterstehendes Lebensgefühl. 32 Prozent von ihnen verfüge über Abitur beziehungsweise eine Fachhochschulreife.
Im Blick auf die materielle Situation gebe es eine Spreizung, sagte der Magdeburger Soziologe und Gerontologe, der den neunten Altersbericht der Bundesregierung mitverfasst hat. Einerseits gebe es finanziell gut abgesicherte Paare aus dem Bereich "Zwei Einkommen, keine Kinder". Andererseits seien nicht wenige armutsgefährdet.
Im Vergleich zu heterosexuellen Menschen stünden Personen aus der "LSBTIQ+"-Gruppe unter höherem psychischen Druck. Suizidgedanken seien weiter verbreitet als in der übrigen Bevölkerung. Die Depressionsrate liege höher.
Als Beispiel guter Pflege nannte Lottmann den Satz: "Du musst uns nicht sagen, ob Du schwul oder lesbisch bist, aber Du kannst es."
Darauf, dass manche tiefe Erfahrungen von Ausgrenzung und Diskriminierung in Familie, Beruf oder Kirche mit sich tragen, wies der Gerontologe Professor Dr. Andrea Teti von der Hochschule Vechta im Vorfeld der Veranstaltung hin. Dies wirke bis ins Alter hinein und prägte die Betroffenen bezüglich Scham oder der Bereitschaft, Hilfe anzunehmen. Teti ist ebenfalls Mitautor des neunten Altersberichts der Bundesregierung.
Veranstalter waren die Katholische Akademie Stapelfeld zusammen mit der Universität Vechta sowie dem Landes-Caritasverband für Oldenburg. Weitere Infos: Stefan Kliesch, Landes-Caritasverband, Tel. 04441/8707-0.
Pressemitteilung
„Viele haben das Gefühl, nicht richtig zu sein“
Erschienen am:
07.11.2025
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