Löningen . Einen Weihnachtsbaum haben sie auch, erzählt Assaggi *. Auch „Silent night , holy night “ intoniert die 36-Jährige bei der Nikolausfeier im Löninger Flüchtlingswohnheim auf Anhieb zusammen mit dem Journalisten. Dass an diesem Nachmittag gut 30 Kinder und ebenso viele Erwachsene im Eingangsbereich des Caritashauses auf Brauereibänken gebannt und aufgeregt zugleich den wohlwollenden Worten von Bischof Nikolaus lauschen, das gefällt der studierten Musikwissenschaftlerin.
Denn das ist es, was ihr und ihrem vier Jahre älteren Mann
Fuad* am kommenden Christfest am meisten fehlen wird: dass die Deutschen die
Geburt Jesu im Grunde alleine feiern. Jede Familie für sich.
Ihr erstes Weihnachtsfest in Deutschland – damals noch ohne
Mann und Kinder - habe
Assaggi
dementsprechend
schlimm erlebt: meist alleine in ihrem kleinen Zimmer.
Dort, wo die Wiege der Schwarzafrikanerin stand, im 10.000
Kilometer entfernten Simbabwe, dort feiere keiner allein, erzählt die heutige
Mutter von vier Kindern. „Am Weihnachten lädt jeder jeden, ein. Jeder Nachbar
kann zu jeder Zeit kommen und ist willkommen“, strahlt das Weiß der Augen
gemeinsam mit dem Weiß der Zähne aus ihrem Gesicht. Vor allem die Alten würden
nicht allein gelassen. Man feiere als große Familie, es werde viel getanzt. Im
Grunde wie bei einer Hochzeit.
Das bestätigt auch „Mama“, wie die 70-jährige Dame und
ehemalige Geschäftsfrau im Flüchtlingswohnheim liebevoll genannt wird. Die
Laune aller sei gut am Fest, sagt die ‚Grand Dame’ mit schwarzem Haar umhüllt
vom knallroten Schal.
Eine Ahnung von afrikanischer Weihnachtskultur bekommen auch
die Gäste an diesem Spätnachmittag in der Caritas-Einrichtung. Ohne Hemmung
erhebt sich „Mama“ irgendwann nach bekannten, von Kindern vorgetragenen
Adventsgedichten und intoniert „Credo in
unum
Deo“
mit afrikanischem Akzent. Dass die hohen Töne nicht alle stimmen, stört sie
nicht, und niemanden im Raum. Auch für
Assagi
gibt es
keine Scham. Mit dem Nikolaus an der Linken und der 1 ½ jährigen Tochter auf
dem rechten Arm lässt sie mit „
From
a
distance
“ von Bette Midler erahnen, was zum Weihnachtsfest
im Süden des ‚Schwarzen Kontinents’ gehört.
„Geschenke dagegen sind uns nicht wichtig“, beschreibt ihr
Mann Fuad, ein gelernter Bankkaufmann, das Fest dort, wo es auch Krippe und
Christmette gibt. Dass Kindern in Deutschland eine Play-Station oder eine
Wii
geschenkt bekämen, entlockt ihm, der mit wenig Geld
auskommen muss, keinen Neid. „Vom Herzen muss es kommen“, übersetzt seine Frau.
Das sei das entscheidende.
Von Herzen freuen sich auch die Kinder über die knisternden
Tüten mit dem Nikolaus drin, die ihnen von selbigem überreicht werden.
Shuti
heißen die Aufgerufenen und
Tako
und Taro. Aber auch David und Juliane, Max und Charlotte. Jedes Kind im
Flüchtlingswohnheim durfte zwei Freunde aus
Löningen
einladen.
Wie gelingt Integration, fragen
sich in diesen Tagen viele. Heimleiter Martin Abeln schafft sie. Ganz einfach.
*
Namen geändert
Zur Info:
Zurzeit leben 27 Personen im
Löninger
Flüchtlingswohnheim
Sie kommen aus Syrien, dem Kosovo, der russischen Föderation, Somalia, Ruanda,
Kabun
und Bosnien-Herzegowina.
Die durchschnittliche Verweildauer beträgt 23 Monate.
Pro Jahr zogen ungefähr 10 bis 15 Bewohner ein und aus.
Die Bewohner werden den Caritas-Flüchtlingswohnheimen durch das Land
Niederachsen oder den jeweiligen Landkreis zugewiesen
Dietmar Kattinger
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 04441 / 8707 - 0