Cloppenburg-Stapelfeld. Die Bedeutung von Qualitäts-Journalismus für die Demokratie hat am Dienstag, 5. Juni, Petra Gerster unterstrichen. Billigprodukte beispielsweise in der Ernährung kämen der Gesellschaft hinterher teuer zu stehen, sagte die Hauptmoderatorin der ZDF-19 Uhr-Nachrichten beim jährlichen Abend der Caritas.
"So steht es auch mit dem Journalismus", warnte die bekannte Journalistin vor rund 130 Gästen in der katholischen Akademie. "Billigjournalismus befördert die Demokratie ins Aus."
Während Meldungen in den Medien einem mehrfachen Kontrollprozess unterlägen, gingen Posts ungefiltert in die Welt. Gerster: "Heute ist jeder sein eigener Programmdirektor." Das mache den etablierten Sendern das Leben schwer. Das meiste in den sozialen Medien sei jedoch "leeres Stroh und bloßes Geschwätz", so die Buchautorin. Von existentieller Bedeutung werde die Frage, wem man noch trauen kann.
Gerster: "Glauben Sie einem Post erst, wenn zwei seriöse Zeitungen darüber berichtet haben."
Fehler in großen Medienanstalten seien dagegen "blamabel". Sender beobachten und kontrollieren sich gegenseitig, so die Referentin. Wer häufiger falsche Dinge melde, der sei schnell raus aus dem Geschäft.
Wichtig sei zu wissen, dass Medien "nicht die Wirklichkeit abbilden, sondern nur Veränderungen dieses Zustands". Gerster: "Zeitungen, die nur das Positive berichten, gehen schnell pleite."
In Diktaturen hingegen werde hauptsächlich Positives geschrieben und gesendet. In funktionierenden Demokratien ginge es dagegen darum, "den Politikern auf die Finger zu schauen".
Daher sei die Welt draußen "viel besser, als in den Medien dargestellt", müssten sich Zuschauer klar machen.
Zu den Regeln gehöre, dass das Normale für Leser und Zuschauer uninteressant sei. Hohe Aufmerksamkeit genieße dagegen das Unerwartete, das Katastrophale.
Den Vorwurf, Medien seien alle gleichgeschaltet entkräftete die frühere Moderatorin des Frauenmagazins ‚ML Mona Lisa‘ mit der Anwendung derselben Regeln, die von den großen Medien selbstverständlich berücksichtigt würden. Gleichwohl gebe es keine wertfreie Berichterstattung. Sie sei nie zu 100 Prozent objektiv.
Das Pech des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff sei es gewesen, dass sich in dieser Zeit nichts anderes ereignet habe. Gerster: "Ein Tsunami - Wulff wäre vergessen worden."
Auf die gesellschaftliche Wächterfunktion der Caritas hat Direktor Dr. Gerhard Tepe hingewiesen. Tepe: "Ein Zeitungsabonnement ist inzwischen ein Beitrag zur Demokratie." Behinderte, Alte und Arbeitslose würden schnell Opfer eines populistischen Mentalitätswandels, mahnte er an. "Lassen Sie uns gemeinsam wachsam sein", sein Appell.
In Anlehnung an die derzeitige Jahreskampagne des katholischen Wohlfahrtsverbandes "Jeder Mensch braucht ein Zuhause" forderte er bezahlbaren Wohnraum ein. "Es kann nicht sein, dass Menschen von ihrem regelmäßigen Gehalt das Dach über ihrem Kopf nicht mehr bezahlen können", so Tepe. Erst recht sei es untragbar, dass Menschen am Rande der Gesellschaft nur schwer Wohnraum fänden.
Zu den Gästen zählten neben Weihbischof Wilfried Theising unter anderem zahlreiche Bürgermeister, Unternehmer und Stifter.
Dietmar Kattinger, 06.06.2018