Damme. Mit einer Tagung im Vechtaer Antoniushaus wird am 18. November das zehnjährige Bestehen der "Karl-Heinrich-Linde-Stiftung" gefeiert. Gemeinsam mit seiner Frau hat Dr. Karl-Otto Linde aus Damme die Stiftung gegründet und nach dem Sohn Karl-Heinrich benannt, der mit 15 daran erkrankt ist und später an den Folgen starb.
Herr Linde, zehn Jahre Stiftung - Anlass für Sekt oder Selters?
Selters. Sekt wäre der bösen Krankheit nicht angemessen.
Was ist das Schlimmste, wenn das eigene Kind an Epilepsie erkrankt?
Zunächst ein großes Erschrecken. Man weiß gar nicht, wie damit umgehen. Solche Anfälle sind für das Umfeld schlimmer als für die Betroffenen. Es dauert, bis man begreift, dass man damit umgehen kann, wenn ein Anfall auftritt.
Das Schlimmste ist die Hilflosigkeit: "Wie soll es weitergehen?" Man merkt, dass andere Leute sehr schnell auf Distanz gehen. Es tritt eine Ängstlichkeit auf, die eine gewisse Abwehr hervorruft. Im Beruf geht es bis hin zum Mobbing. Man möchte so jemanden loswerden. Er ist unbequem. Man möchte sich gar nicht darauf einlassen. Es ist ja ein bisschen lästig.
Wie ist das für den Epileptiker selbst?
Zu ihrem eigentlichen physischen Problem müssen die Leute eine ganze Menge einstecken: Man kann nicht alle Berufe ausüben. Im Beruf selbst hat man Begrenzungen. Bei unserem Sohn hat es sich nie intellektuell ausgewirkt. Und dennoch leidet so jemand auch psychisch.
Was raten Sie anderen Eltern, die davon betroffen sind?
Es offensiv, aktiv angehen. Nicht nur passiv annehmen. Suchen, wo bekomme ich kompetenten Rat. Wenn man sich kümmert, kann man auch Hilfe bekommen.
Was leistet Ihre Stiftung?
Als unser Sohn starb, haben wir überlegt "Wie können wir dazu beitragen, dass solche Situationen für andere gemildert werden?"
Manchmal sind es schon Kleinigkeiten, die helfen. Daher übernimmt unsere Stiftung beispielsweise die Reisekosten zur entfernteren Berufsberatung. Oder eine Fahrt und Übernachtung nach Bethel, einem Epilepsie-Zentrum. Oder ein besonderes Fahrrad, das die Kasse nicht bezahlt. Wir haben aber auch schon neue medizinische Geräte mitfinanziert.
Dietmar Kattinger, 06.11.2015