Vechta / Oldenburger Münsterland (LCV) Die Bedeutung der Sprache für die seelische Entwicklung von Kindern hat die Hildesheimer Psychologin Dr. Ann-Kathrin Bockmann am Montag, 20. Januar, herausgestellt. 58 Prozent der dreijährigen Kinder mit einer gestörten Sprachentwicklung würden später eine psychiatrische Auffälligkeit entwickeln, berichtete die Logopädin und Psychologin im Vechtaer Kreishaus vor 170 Erzieherinnen und Erziehern.
Kinder mit Sprachstörungen würden oft zu Prügelknaben ihrer Klasse, sagte Bockmann im Vechtaer Kreishaus zum Auftakt der achtteiligen Fortbildungsreihe „Sprache – Dialog – Zukunft“.
Auf allen Vieren laufend, nur tretend und beißend sei der junge Steven in eine psychiatrische Einrichtung gekommen. Der Grund: „Er konnte keine Sprache“, führte die Mitarbeiterin der Universität Hildesheim aus. Als nicht mehr aggressiv konnte er entlassen werden.
„Gefühl, Verhalten und Sprache hängen eng zusammen“, so die Psychotherapeutin. Sprachförderung bräuchte allerdings Bindung, Beziehung und Vertrauen als Grundlage. Ihr Rat: „Stellen sie den Kindern Worte wie traurig, eklig oder glücklich bereit.“ Dadurch fänden diese einen Zugang zu ihren Gefühlen. „Erklären Sie die Emotionen: Das entscheidet darüber, ob sie später damit klar kommen!“
Jedes Gefühl sei erstmal richtig. „Wenn das klar wäre, hätte ich in der Psychiatrie weniger zu tun.“ Sprache sei darüber hinaus ein Intelligenzverstärker. Kinder die eine gute KiTa besucht hätten, lägen im Vorteil.
Im Blick auf Sprachförderung sei die in den Alltag eingebundene Form die beste. „Programme bringen nichts. Sie sind nur teuer“, machte Bockmann klar. Aber auch für die ‚alltagsintegrierte Sprache‘ brauche man einen Plan. Die wichtigste Zeit sei die Zeit im Alter von null bis drei Jahren. „Hier saugen die Kinder auf wie ein Schwamm. Am besten sei das Bad in einer Sprache.“
Den Erzieherinnen riet die Expertin, auf ihre Grenzen zu achten: „Nach wie vor hat die Familie den Haupteffekt.“
Im Blick auf Medien empfahl sie, diese nicht als „Störfaktor“ zu betrachten, sondern zu fragen: „Wie kann ich sie so gestalten, so dass sie hilfreich sind?“ Spaß ermögliche am besten, etwas zu lernen.
Bewusst investiere der Landkreis Vechta pro Jahr 340.000 Euro in die Sprachförderung im Wissen, „damit am Ende Geld zu sparen“, berichtete Erster Kreisrat Hartmut Heinen in einem Grußwort.
Die Redebeiträge wurden durch Johanna Benz (Leipzig) synchron in Bilder übersetzt.
Veranstalter war neben den Landkreisen Cloppenburg und Vechta die ‚Katholische Erwachsenenbildung‘, das niedersächsische Institut für frühkindliche Bildung (nifbe) sowie der Landes-Caritasverband für Oldenburg.
Infos zu weiteren Veranstaltungen wie „Sprache und Emotion“ (18.03., Damme); „Singen, Spielen, Tanzen und Bewegung. Was hat das mit Sprache zu tun?“ (22.04., Friesoythe) oder „Medien in der Bildungsarbeit“ (02.09., Damme) beim Landes-Caritasverband, Jutta Scheele, Tel. 04441/8707-0.
Foto: Kattinger